1. Hintergrund der Stellungnahmen

Die Geschichte der inzwischen in drei Fassungen vorliegenden "rechtlichen Kurz-Stellungnahme" aus dem Hause Redeker Sellner Dahs, deren dritte Fassung den Mitgliedern mit der Einladung zur außerordentlichen Mitgliederversammlung vom 29.03.2022 übersandt wurde, reicht letztlich bis zur Gründungsversammlung des Versorgungswerks zurück, auf der eine lückenhafte erste Satzung beschlossen wurde. Konkret geht es darum, dass die Satzung lediglich eine vierjährige Amtszeit der Mitglieder des Verwaltungsausschusses und eine kommissarische Fortführung der Tätigkeit von der Wahl der Nachfolger bis zu deren Amtsantritt regelt, womit eine Lücke in dem Fall besteht, dass die vierjährige Amtszeit des Verwaltungsausschusses endet, ohne dass zu diesem Zeitpunkt bereits Nachfolger gewählt sind.

Den Mitgliedern des zuletzt gewählten Verwaltungsausschusses war diese Regelunglücke spätestens im Jahr 2020 bekannt. Das folgt zwanglos daraus, dass sie auf der Mitgliederversammlung 2020 versucht haben, diese Lücke durch eine Satzungsergänzung zu schließen, nach der die Amtszeit der Mitglieder des Verwaltungsausschusses über die in der Satzung festgelegte Dauer von vier Jahren hinaus weiterläuft, bis Nachfolger gewählt sind. Diese Regelung, die einem Freifahrtschein zu einer unbegrenzten Amtszeit gleichgekommen wäre, traf auf deutlichen Widerspruch der Mitglieder, weshalb der Verwaltungsausschuss, dessen vierjährige Amtszeit mit dieser Mitgliederversammlung 2020 endete, den angekündigten Antrag nicht zur Abstimmung stellte.

Es kam, wie es kommen musste: Es gelang der Mitgliederversammlung 2020 anschließend nicht, einen neuen Verwaltungsausschuss zu wählen und die Amtszeiten der 2016 gewählten Mitglieder des Verwaltungsausschusses liefen ab. In dieser Situation haben die vormaligen Mitglieder des Verwaltungsausschusses weitergemacht, als sei nichts geschehen - beziehungsweise als wäre ihr Satzungsänderungsantrag zu Abstimmung gestellt und angenommen worden. Konkret haben sie ihre Tätigkeit einfach fortgesetzt und sind seitdem weiterhin als Mitglieder des Verwaltungsausschusses aufgetreten, obwohl sie - wie ihr nicht zur Abstimmung gestellter Satzungsänderungsantrag belegt - genau wussten, dass dies aufgrund der Regelungslücke nicht den Tatsachen entspricht. Diese angemaßte Kompetenz, trotz abgelaufener Amtszeit weiter für das Versorgungswerk zu handeln, wäre für eine sehr kurze Zeitspanne akzeptabel gewesen, nämlich für die Zeit, die erforderlich gewesen wäre, um die Aufsichtsbehörde von der eingetretenen Führungslosigkeit in Kenntnis zu setzen; möglicherweise auch noch, um deren Entscheidung über das weitere Vorgehen abzuwarten. 

Darum geht es vorliegend aber nicht. Denn die Aufsichtsbehörde wurde nicht informiert. Auch wurde keine außerordentliche Mitgliederversammlung zwecks Wahl eines neune Verwaltungsausschusses einberufen, was sich eigentliche aufgedrängt hätte. Wenn nun - wie geschehen - behauptet wird, man habe wegen der seinerzeitigen Entwicklung der pandemischen Lage keine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen können, ist das schlicht falsch, denn richtigerweise wäre eine Präsenzversammlung bis zur nächsten ordentlichen Mitgliederversammlung im September 2021 nahezu durchweg zulässig und möglich gewesen. Eine virtuelle Versammlung hätte ohnehin jederzeit abgehalten werden können, denn genau zu diesem Zweck hatte der Gesetzgeber eine entsprechende Regelung in dem bis zum 31.12.2021 befristeten § 9 RAVersG eingefügt und die Mitgliederversammlung 2020 eine entsprechende unbefristete Möglichkeit in § 3 Abs. 3 der Satzung geschaffen.

Tatsächlich geschah nichts von dem, sondern man machte - wohlgemerkt in Kenntnis der fehlenden Rechtsgrundlage - nach dem Ablauf der Amtszeit einfach weiter, als sei man weiter im Amt. Zunächst bis zur nächsten ordentlichen Mitgliederversammlung im September 2021, seitdem auch über diese hinaus. 

Wenn Zweifel an diesem Verhalten geäußert wurden, wurde mit einer Redeker-Stellungnahme reagiert. Dass es sich dabei um eine bezahlte Auftragsarbeit handelte, folgt bereits aus der Bezeichnung als "rechtliche Kurz-Stellungnahme", denn im Gegensatz zu einem Gutachten, bei dem ein Sachverhalt neutral nach (in Fachkreisen) allgemein anerkannten Regeln beurteilt wird, ist eine Stellungnahme lediglich eine Meinungsäußerung. Dass bei einer bezahlten Meinungsäußerung gemeinhin eine dem Auftraggeber genehme Meinung vertreten wird, bedarf keiner Erläuterung. Genau aus diesem Grund wurde auch eine Stellungnahme und kein Gutachten beauftragt, denn ein Gutachten wäre unweigerlich zu dem Ergebnis gekommen, dass es keine rechtliche Grundlage für die Fortsetzung der Amtstätigkeit über das Ende der Amtszeit hinaus gibt. Dies war den vormaligen Mitgliedern des Verwaltungsausschusses die Rechtslage ausweislich ihres Satzungsänderungsantrags auf der Mitgliederversammlung 2020 aber auch ohne ein Gutachten oder eine Stellungnahme bekannt.


29.03.2022 - außerordentliche Mitgliederversammlung
I. Hintergrund der Versammlung
II. Fehler bei der Einberufung der Versammlung
III. Die Satzungsänderungs- und sonstigen Vorschläge
     1. Satzungsänderungsvorschläge des Dr. Hoff
     2. Meine Satzungsänderungsvorschläge
     3. Satzungsänderungsvorschläge des "Verwaltungsausschusses"
     4. Vorschlag des "Verwaltungsausschusses" zur Einführung einer Vertreterversammlung 
          a) Vorschlag zur Änderung des RAVersG
          b) Vorschlag einer Wahlordnung
          c) Vorschlag zur Änderung der Satzung
IV. Die Redeker-Stellungnahmen zur Dauer der Amtszeit
     1. Hintergrund der Stellungnahmen 
     2. Anlass der einzelnen Stellungnahmen
     3. Der Inhalt im Überblick
          a) Erste Variante - extensive "Auslegung" von § 5 Abs. 1 Satz 3 der Satzung
          b) Zweite Variante - restriktive "Auslegung" von § 5 Abs. 1 Satz 3 der Satzung
     4. Konsequenzen der Redeker-Interpretation 
V. Die Redeker-Stellungnahme zu fehlerhaften Beschlussfassungen
     1. Hintergrund meiner Beschwerde
     2. Die Redeker-Stellungnahme
     3. Was ist zu tun?